Wanderfahrt auf der Havel

Vom 01. bis 03. Juli 2005

Nach Berlin (2000) und Potsdam (2003) war in diesem Jahr Brandenburg und die Havel das Ziel der Altherren-Wanderfahrt. Die Zahl der Teilnehmer war zwar durch Abiturjubiläum und andere Gründe auf nur elf gesunken, aber das tat der Stimmung keinen Abbruch.

Die Boote waren bereits am Vortage verladen worden, und so starteten die ersten sechs Teilnehmer    Bernd Bruns, Maximilian Meichßner, Franz Ellerbrock, Hans-Henning Siemens, Heimo Faehndrich  und Wolfgang Wahrenburg pünktlich am Freitag, 1. Juli um zehn Uhr mit Krügerbus und Bootsanhänger vom Bootshaus. Mit dem bewährten Fahrer Maximilian Meichßner ging die Fahrt zügig über Pattensen und die A2 dem Ziel entgegen. Auf der Raststätte Marienborn legten wir eine kurze Pause ein, um die mitgenommene Verpflegung zu verzehren.

Am Dreieck Werder verpassten wir dann zwar abermals - wie schon bei der Potsdamfahrt - die richtige Ausfahrt, so dass wir wieder über Glindow nach Werder fahren mussten. Aber da es diesmal auf der Strecke keine Baustelle gab, stellte die Routenänderung kein großes Problem für unseren Fahrer dar.

Um 15 Uhr erreichten wir wohlbehalten den "Ruder Klub Werder". Die Boote wurden abgeladen und für die morgige Fahrt hergerichtet. Sie blieben bis zum Start am nächsten Tage auf dem Klubgelände liegen.

Wir fuhren mit Bus und Bootswagen weiter nach Brandenburg, wo zuerst der Anhänger beim Ruderclub Havel abgestellt wurde. Um 17 Uhr erreichten wir dann nach einer kleinen Irrfahrt durch die Stadt unser Hotel "Sorat" am Altstädter Markt. Das Hotel hat angenehme Zimmer und eine sehr attraktive Terrasse zum Sitzen.

Nach einer kurzen Pause starteten wir zu einem kleinen Stadtrundgang. Das sehr schöne Rathaus mit dem 5,35 Meter hohen, imposanten Roland liegt direkt vor dem Hotel. Da es schon recht spät war, gingen wir von dort über die "Jahrtausendbrücke" durch die Neustadt auf kürzestem Wege zur Dominsel. Leider war es für eine Besichtigung des Domes doch schon zu spät, da er bereits um 17 Uhr geschlossen wird. So konnten wir das imposante Bauwerk, mit dessen Bau bereits 1165 begonnen wurde, nur von außen betrachten. Als wir so um den Dom herumgingen, kam uns ein junger Mann entgegen. Es stellte sich heraus, dass er archäologische Ausgrabungen am Fundament des Doms vornahm. Er untersuchte die Hinterlassenschaften der slawischen Heveller, die als Erste auf der Dominsel gesiedelt hatten. Unser Interesse war natürlich geweckt, und besonders Maximilian startete eine intensive Befragung über seine Arbeit und die Ergebnisse. Der junge Mann gab bereitwilligst Auskunft. Während der ganzen Zeit balancierte er einen Kasten mit seinen Unterlagen auf der rechten Hand. Schließlich erbarmte sich einer von uns und nahm ihm den Kasten ab.

Auf der Dominsel ist übrigens am 12.02.1777 Fouqué geboren.

Für die ganz Wissbegierigen (aus dem Internet):

Friedrich Heinrich Karl Baron de la Motte Fouqué, Baron de Thonnay-boutonne, Baron de Saint Surin, Seigneur de la Grève wurde auf der Dominsel in Brandenburg als Nachkomme einer hugenottischen Emigrantenfamilie geboren. Sein Taufpate war Friedrich II. von Preußen. Fouqué ist einer der bedeutendsten Repräsentanten der Romantik. Sein Kunstmärchen Undine (1811) beispielsweise wurde in alle Weltsprachen übersetzt und diente bis 1966 rund dreißig verschiedenen Opern als Vorlage. Psychologisch sehr reizvoll und der Gespensterromantik verwandt ist seine 1810 erschienene Zaubernovelle "Galgenmännlein".

Vom Dom ging es weiter über den Mühlendamm zum Mühlentorturm, einem der vier erhaltenen Stadttortürme. Dort liegt wunderschön am Wasser das "Restaurant an der Dominsel", das Hans-Henning für das Abendessen ausgewählt hatte. Unser Tisch in Bootsform war sehr zünftig.

Das Essen war gut, das tschechische Pils schmeckte ebenso wie das Schwarzbier, nur der Wein war etwas dürftig.

Um 21 Uhr stießen endlich unsere restlichen Ruderer zu uns:

Heinz Bitter, Gerd Ohlendorf, Kay Goette, Rüdiger Zemlin und Christian Hesse.

Rüdiger hatte sie in seinem Wagen hergefahren, dichter Verkehr hatte aber die Fahrzeit sehr verlängert. Erschrocken waren wir, als wir die Stimme von Heinz Bitter hörten: Aus seiner Kehle kam kein normaler Ton mehr, nur noch ein dumpfes Krächzen. Kehlkopfentzündung! Hochachtung, dass er in dem Zustand mitgekommen ist! An sich gehörte er ins Bett.

Am Samstagmorgen ging es nach einem guten Frühstück zuerst um 9:04 Uhr mit der Straßenbahn zum Bahnhof und dann mit dem Zuge zurück nach Werder. Nach weiteren 20 Minuten Fußmarsch - Franz fuhr mit unserem Gepäck im Taxi voraus - langten wir wieder beim Ruder Klub Werder an. Unsere Boote hatten etwas Regen abbekommen, waren ansonsten aber unberührt. Sie wurden ins Wasser gebracht, und kurz vor 11 Uhr konnte endlich das Ruderwandern losgehen.

Schon vorher hatten Franz und Rüdiger die Bootsverteilung vorgenommen:

  • Stromschnelle ("Der Vierer")
    • Heinz Bitter
    • Bernd Bruns
    • Heimo Faehndrich
    • Maximilian Meichßner
    • Wolfgang Wahrenburg
  • Fischerin ("Die Oldies")
    • Franz Ellerbrock 
    • Gerd Ohlendorf
    • Hans-Henning Siemens

  • CWENTE ("Die Youngster")
    • Rüdiger Zemlin
    • Kay Goette
    • Christian Hesse

Jeder hatte seine Wasserflasche im Boot, die "Youngster" zusätzliche etliche Flaschen Bier. Heinz ging es leidlich, er wollte sogar rudern und verzichtete auf den Steuersitz. Das Wetter war durchwachsen, teils wolkig, teils sonnig, aber trocken und recht warm.

Die erste Etappe über 13 km ging vom Ruder Klub Werder bis nach Ketzin. Die Route führte unter der Eisenbahnbrücke hindurch in den Großen Zernsee, dann unter der A10 hindurch in den Kleinen Zernsee. Während der ganzen Fahrt erscholl übrigens unter jeder Brücke der Weserruf - sehr zur Freude der anderen Besucher.

Hinter der Autobahnbrücke legten unsere "Youngster" die erste Bierpause ein.

Auf dem Großen Zernsee machten wir auch die erste Bekanntschaft mit den Wellen, die auf größeren Gewässern einige Schwierigkeiten bereiten können. So bekamen wir durch die Wellen eines Motorboots gleich am Anfang eine gehörige Portion Wasser ins Boot.

Weiter ging es auf der Havel vorbei am Göttinsee bis zum Ketziner Fährhaus.

Dort gab es Mittagessen. Wir saßen alle an einem dicken Bohlentisch im Freien; es war zünftig. Während des Essens hörte man ständig das Geräusch der Kettenfähre "Charlotte".

Sie zog sich mittels einer Kette, die durch den Fluss gelegt war, von einem Ufer zum anderen. Die Technik war von außen gut sichtbar und wurde sehr bestaunt.

Nach dem Mittagessen steuerte Heinz den Vierer. Er sprach zwar während der Fahrt nicht sehr viel, konnte aber schon hin und wieder lächeln.

Die Fahrt ging weiter die Havel abwärts durch den Trebelsee vorbei an Saaringen Richtung Brandenburg. Die Landschaft dort ist sehr reizvoll. Mal sind die Ufer ganz nah, mal öffnen sich rechts oder links große Seen. Immer bietet sich dem Auge etwas Neues. Dazu kommen die vielen Tiere: Neben den zahllosen Moorhühnern, Tauchern und Enten begleiteten uns Kormorane, Milane, Nebelkrähen, Graureiher und ganze Schwärme von Graugänsen. Auch ein Kuckuck war zu hören. Einmal flog sogar einen Eisvogel an Steuerbord vorbei. Immer wenn etwas Besonderes zu sehen war, machte Heimo uns darauf aufmerksam.

Leider verwechselte er jedes Mal Backbord und Steuerbord, so dass wir immer Probleme hatten, das Angesagte zu finden.

Eine Zeit lang fuhren die "Youngster" neben uns her. Kai steuerte. Wir sahen wohl, dass er unser Boot musterte. Dabei bemerkte er, dass unsere Dollenringe zum Teil verschoben waren. Das hatte er immerhin aus der Entfernung gesehen.

Hinterher erzählte er, aus dem Vierer würde er nur einen mit in ein Rennboot nehmen, alle anderen würden "stricken". Die Diskretion und der Datenschutz verbieten es mir, hier Namen zu nennen.

Kurz vor der Stadt bogen wir ab in den "Brandenburger Stadtkanal", der uns an der Dominsel vorbei führte. Da eine direkte Durchfahrt zum Ruderclub Havel nicht mehr existiert, mussten wir die Brandenburger Neustadt umrunden. Nach dem Passieren der Stadtschleuse ging es noch ein Stück durch die Niedere Havel, dann kamen wir endlich nach insgesamt 38 km zum Anleger des RC Havel. Auf die anschließende Regattastrecke im Beetzsee haben wir dann gern verzichtet, obwohl uns Heimo das rührende Lied von Fritze Bollmann vorsang:

In Brandenburg uff'n Beetzsee da steht'n Fischerkahn,
Und darin sitzt Fritze Bollmann mit seinem Angelkram.


Am Anleger wollte ich wegen eines dringenden Bedürfnisses sehr schnell aussteigen. Dabei merkte ich nicht, dass der Balken am Anleger lose war. Kaum stand ich, gab der Balken nach, und ich stürzte der Länge nach rücklings ins Boot zurück. Später hörten wir, dass es Kai beinahe auch so ergangen wäre. Gott sei Dank kam weder das Boot noch einer der Insassen noch ich zu Schaden. Der zweite Ausstiegsversuch gelang. Ein passender Busch fand sich dann auch sehr schnell.

Bald waren die Boote an Land gebracht und alles Notwendige verstaut. Zu unserer Freude war die Kneipe des RC trotz Renovierungsarbeiten geöffnet. So kamen wir schnell zu einem kühlen Bier. Nur dem Christian ging es nicht so gut; er zog es vor, im Freien zu bleiben.

Anschließend ging es zurück ins Hotel zum Duschen. Wir waren alle ganz schön geschafft. Wenn man bedenkt, dass die Havel bei einer Länge von 337 km nur ein Gefälle von 42 m hat, kann man wohl nachvollziehen, dass 38 km Rudern in solch einem fast stehenden Gewässer ein ganz schönes Stück Arbeit bedeutet.

Froh waren wir "Oldies" nur, dass es unseren "Youngstern" auch nicht viel besser ging.

Das Abendprogramm fiel daher nicht sehr üppig aus: Wir aßen auf der Terrasse unseres Hotels. Es war noch sehr schön warm, das Essen war gut, diesmal auch der Wein anständig und das Bier schön kühl. Aber seltsam, gegen zehn Uhr war allgemeiner Aufbruch, die Mannschaft war müde.

Am Sonntagmorgen war es sonnig und sehr warm. Später zogen dann Wolken auf.

Das Frühstück fand auf der Terrasse statt. Danach musste gepackt und das Gepäck in Rüdigers Auto verstaut werden.

Um kurz nach neun starteten wir zurück zum Bootshaus, wo unsere Boote noch lagen. Weitere 20 km lagen vor uns, die bis zum Mittag gerudert werden sollten. Um halb zehn legten wir ab.

Gleich zu Anfang merkte ich, dass ich mit dem Backbordskull nicht richtig aus dem Wasser kam. Das Blatt des Skulls hatte eine völlig falsche Lage. Meine erste Idee: Die Skulls sind vertauscht. Dann aber machten mich die anderen darauf aufmerksam, dass meine Backborddolle auf der falschen Seite lag.

Das kommt davon, wenn man - entgegen sonstiger Gewohnheit - von Backbord einsteigt. Nachdem der Fehler behoben war, konnte das Rudern weitergehen.

Heinz ging es heute sichtlich besser, so dass auch er wieder rudern konnte.

Die Fahrt ging ein Stück zurück auf der Niederen Havel, dann unter der "Jahrtausendbrücke" hindurch (natürlich mit einem besonders kräftigen Weserruf) in den Breitlingsee. Noch in der Niederen Havel fuhr das letzte Boot, unsere "Youngster", plötzlich ans Ufer. Wir wussten nicht warum, machten uns aber Sorgen wegen des Befindens von Christian am Abend vorher. Mageninfekt? Oder der Darm? Oder die Blase? Oder alles zusammen? Hinterher stellte sich heraus, sie hatten nur Schatten gesucht für die erste Bierpause des Tages.

Vom Breitlingsee ruderten wir weiter in den Plauer See, der uns wegen seiner Größe und des starken Verkehrs wieder einige Probleme mit Wellen brachte. Glücklicherweise wehte fast kein Wind.

Am Ende des Sees passierte uns an Steuerbord ein riesiges Motorboot mit einer barbusigen Schönen darauf. Heimo sah sie sofort und rief: "Da, an Backbord, eine Barbusige!"

So fährt manch Schönes ungesehen an einem vorüber, nur weil der Blick zur falschen Seite gelenkt wird. Am Ende des Sees führte die Route unter der Straßenbrücke von Plaue hindurch und weiter in die hier wieder schmalere Havel. Noch etwa neun Kilometer waren zu bewältigen. Erste Müdigkeitserscheinungen zeigten sich, es wurde öfter pausiert. Dennoch erreichten wir wohlbehalten gegen Mittag bei Tiekow den Endpunkt unsrer Reise, eine Bucht mit einem kleinen, flachen Sandstrand. Dort legten wir an und zogen die Boote ans Ufer.

Ein Badegast, der es sich auf einer Decke im Grase bequem gemacht hatte, war sicherlich nicht sehr begeistert über die Störung.

Schon von unterwegs war ein Taxi bestellt worden, das Maximilian, Hans-Henning und Rüdiger nach Brandenburg fahren sollte. Die Autos mussten geholt werden.

Vorher aber gab's ein Bad in der Havel. So etwas hat Tiekow sicher noch nicht gesehen: Nach und nach entblttern sich zehn Männer, einer schöner als der andere, um sich erst nackt im Wasser zu tummeln und anschließend, da kaum jemand ein Handtuch dabei hat, von Luft und Sonne trocknen zu lassen. Der David von Michelangelo hätte kaum konkurrieren können mit diesen Körpern! Nur Muskeln, kein Gramm Fett, das nicht an der richtigen Stelle saß! Aber danach wurde gearbeitet.

Die Fahrer starteten mit dem Taxi und wir versorgten die Boote.

Leider gab's kein Essen - wie bei "Bolle" in Pankow. Lebensrettend waren nur ein paar Würstchen von Christian.

Schneller als erwartet kamen die Autofahrer zurück. Nun wurden die Boote verladen, der Hänger angehängt, und ab ging es über die Landstraße zur Autobahn. Die Rückfahrt ging zügig, der Verkehr war nicht zu stark, und so kamen wir gut vorwärts. In der Raststätte Buckautal wurde noch einmal Rast gemacht für einen Espresso und ein Eis, dann ging die Fahrt weiter nach Hameln.

Zehn vor sieben waren wir wieder am Bootshaus, und um halb acht waren alle Boote versorgt. Es konnte nach Hause gehen.

Es war eine wunderschöne Fahrt durch eine herrliche Landschaft, von Hans-Henning Siemens perfekt vorbereitet. Ihm und unserem Fahrer Maximilian sei an dieser Stelle noch einmal sehr herzlich gedankt.

Und es wird wohl nicht die letzte Fahrt in diese Gegend gewesen sein.

Wolfgang Wahrenburg


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