Anfänge des Vereins

Schüler gründeten 1896 den ersten Fußballverein in Hameln

In England wurde in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts das heutige Fußballspiel erfunden. 1846 verfassten Studenten der Universität Cambridge die ersten Fußballregeln, die allerdings Mannschaften mit 15 – 20 Spielern zuließen. 11 Jahre später wurde der erste Fußball-Club in Sheffield gegründet. Im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts kam das Fußballspiel auch nach Deutschland. 1874 entstand unter Professor Konrad Koch in Braunschweig die erste deutsche Schüler – Fußballmannschaft. Koch gab auch die ersten deutschsprachigen Fußballregeln heraus. In den folgenden Jahren verbreitete sich diese neue Sportart schnell in Deutschland, mit dem Deutscher Fußball- Verein Hannover von 1878 wurde der erste deutsche Fußball - Club ins Leben gerufen, 1887 folgte dann die Gründung des Hamburger SV. Nach englischem Vorbild dauerte ein Spiel 60 Minuten, nach 30 Minuten wurde eine Pause eingelegt.

Die Kunde von dem neuen Spiel war auch nach Hameln gedrungen und fand großes Interesse bei den Schülern der Oberstufe des Gymnasiums. Am 26. März 1896 gründeten einige Oberprimaner um den Initiator Hans Cölle den Fußball -Club Gymnasii Hamelensis (FCGH).

Die Schüler hatten sich zum Ziel gesetzt, neben dem Sport insbesondere die Gemeinschaft unter den Schülern mehrerer Jahrgangsstufen zu fördern – es konnten Obersekundaner, Unterprimaner und Oberprimaner Mitglied werden – und sich gegenüber der Schule einen Freiraum zu verschaffen, da diese auch weit in den privaten Bereich hinein regierte. Sie gaben sich bald eine demokratische Vereinssatzung und organisierten ihren Verein ähnlich einer studentischen Verbindung. Großer Wert wurde auf Pünktlichkeit und Fairness sowie auf den inneren Zusammenhalt der Clubmitglieder gelegt, dem neben dem Sport auch geselliges Beisammensein bei Kneipen ( wovon der Direktor der Schule nichts wissen durfte ) und gemeinsame Wanderungen dienten. Der Präside (erster Vorsitzender), der 2. Vorsitzende und der Fuchsmajor, die den dreiköpfigen Vorstand bildeten, der jedes Jahr neu gewählt werden musste, führten ein strenges Regiment. Der Fuchsmajor hatte sich um die jungen Mitglieder, die Füchse, meist Obersekundaner, zu kümmern, die, wenn sie sich gut betragen hatten und die nötigen Kenntnisse über das Vereinsleben und die Ziele des Clubs erworben hatten, nach einem Jahr zu Burschen erklärt wurden.

Zum Fußballspielen traf man sich außer zur Winterszeit – dann traf man sich zum geselligen Beisammensein. Ab 1907 turnte man im Winter ein Mal wöchentlich in der Turnhalle des Gymnasiums – wenn es nicht regnete, jeden Mittwoch- und Sonnabendnachmittag, um 13.45 Uhr am 164-er Ring an einem kleinen Gartenhäuschen, aus dem die Mitglieder des Clubs einige längere und kürzere Stangen mit eisernen Spitzen und blauroten Fähnchen hervorholten. Dann ging man hinüber zu einer Ecke des Exerzierplatzes, der sich damals zwischen der Deisterallee und der Sedanstraße sowie dem 164-er Ring und dem Kastanienwall erstreckte. An der Sedanstraße, wo später Tennisplätze waren und heute ein Flügel des Bellevue-Centers steht, wurde, da es in Hameln ja noch keinen Fußballplatz gab, mit den Stangen ein Spielfeld in der heutigen Größe abgesteckt. Die Tore wurden durch die längeren Stangen markiert, wobei ein Stoffband als obere Begrenzung (Latte) diente. Man legte die Jacken und die Schülermützen ab, die Primaner die roten und die Obersekundaner die grünen, und setzte verschiedenfarbige Kappen auf zur Unterscheidung der Mannschaften von je 11 Spielern. Trikots, Fußballschuhe oder andere spezielle Kleidung gab es noch nicht, man spielte in langen Hosen.

Pünktlich um 14.00 Uhr nahmen beide Mannschaften – die des Präsiden mit roten Kappen und die des Fuchsmajors mit blauen -  Aufstellung und der Präside, der Mannschaftsführer und Schiedsrichter war, was von ihm Unparteilichkeit verlangte, pfiff das Spiel an. Das Spiel wogte dann hin und her, von Taktik und Technik, wie sie heute üblich sind, war  allerdings noch nichts zu erkennen. Jeder Spieler, außer den Torwarten, bemühte sich, möglichst lange am Ball zu bleiben, wobei gute Spieler und Läufer ihre Vorteile nutzten, ohne aber ihre Künste mannschaftsdienlich einzusetzen. Von Zusammenspiel konnte noch keine Rede sein. In den Annalen des Vereins ist in diesem Zusammenhang zu lesen: „Wie weit wir noch im Spiel, namentlich im Zusammenspiel, zurück waren, merkten wir bei Gelegenheit eines Besuchs zweier Engländer, Mister Harvey und Mister Creag in Hameln. Ein paar Mal spielten sie oder nur einer von ihnen mit uns zusammen und wir sind ihnen immerhin zu Dank verpflichtet, da wir mancherlei von ihnen lernten. Als Folge ihres Beispiels darf man wohl die Neuerung rechnen, dass von jetzt an ohne jegliches Berühren der Spieler untereinander sowie des Balles gespielt wird.“ Mit letzteren Worten wird wohl das Freilaufen des nicht den Ball führenden Mitspielers gemeint gewesen sein. Anfangs hatten die Engländer bei Ansicht des Spiels verlauten lassen, dass das, was da gespielt würde, nicht viel mit einem Fußballspiel zu tun hätte.

Der Eifer der Spieler war jedenfalls groß und nach 1 1/2 Stunden Spiels hatten sich alle ordentlich ausgetobt. Dann erfrischten sich die Spieler mit Brause. Abends traf man sich zum Bier. Dies war der Ablauf eines „Wettkampf-Nachmittags“ um 1900. In den Annalen ist auch vermerkt, dass 1898 ein neuer Ball mit Zubehör angeschafft wurde und Spielregeln aufgestellt wurden. Im Sommer 1902 wurden die offiziellen Spielregeln des Technischen Ausschusses des Deutschen Fußball Verbandes übernommen.

Auch ist dort erwähnt, dass am 19. September 1903 ein sehr gutes Wettspiel zwischen einer Mannschaft der Alten Herren des Vereins (nach Ablegung des Abiturs) und den Aktiven stattfand, das unentschieden endete. Ein weiteres solches Spiel wurde 1906 ausgetragen, das die Aktiven 2:1 gewannen. In diesem Jahr einigte man sich darauf, beim Spiel einheitlich kurze schwarze Hosen mit weißen Streifen zu tragen.

Grundsätzlich spielte man nur innerhalb des Vereins gegeneinander, nicht gegen andere Vereine, da es in Hameln viele Jahre keine anderen Fußballmannschaften gab. Erst 1907 wurde der SC Saxonia gegründet. Es folgten bis zum 1. Weltkrieg der FC Hohenzollern, der SC Olympia von 1910, VfB Hameln von 1912 und SC Borussia von 1913. Das einzige „Wettspiel“ gegen eine nicht vereinseigene Mannschaft fand im August 1912 gegen eine Mannschaft der früher in Hameln vorhandenen Lehrer- Präparanden-Anstalt (Lehrerseminar) statt. Diese Mannschaft, die in Hameln keinen ebenbürtigen Gegner mehr fand und viele Siege errungen hatte, wurde von der FC – Mannschaft in einem fairen Spiel mit 4:2 Toren geschlagen. Nach diesem Sieg endeten die bisherigen Sticheleien und Spötteleien der anderen Fußballmannschaften in Hameln, der FC könne gar nicht Fußball spielen.

Bald nach diesem bejubelten Ereignis gab der FC das Fußballspielen im Jahre 1913 auf und wandte sich dem Rudersport zu. Neben dem Gymnasium war die Oberrealschule entstanden. Dort war 1909 der Ruderclub der Oberrealschule (RCOR) gegründet worden. So gab es nun ein Nebeneinander zweier Rudervereine an der Schule, die sich bis 1973 im sportlichen Wettkampf miteinander maßen. Dann schlossen sich die beiden Traditionsvereine zum Ruderclub der Gymnasien in Hameln zusammen, in dem heute noch der Rudersport gepflegt wird.

Hameln, im Februar 2007
Horst Knoke


Quellen

  • Huba, Karl-Heinz (Hgb): Fußball Weltgeschichte von 1846 bis heute
  • Chronik des Fußballvereins Gymnasii Hamelensis
  • Hellmuth, Fritz: Fußball im FC um die Jahrhundertwende
  • DWZ: Sport sollte mehr Freiräume schaffen
  • DWZ: 45 Jahre Hamelner Fußball – Sport



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